Sind dann mal weg

Chilly in Chile

Dreckig, chaotisch, unaufgeräumt, hügelig, bunt, künstlerisch, faszinierend. Valparaíso, Chile. Nicht nur im Vergleich zu den idyllischen Weinbergen Mendozas ist diese Stadt komplett anders. Auch zum benachbarten Viña del Mar, dessen Hotelkomplexe und Betontürme stark an Rimini erinnern, zum herausgeputzten aber smogbelasteten Santiago (aber dazu später mehr…). Valparaíso ist ein Gegensatz zu eigentlich allen Städten, welche wir bis jetzt gesehen haben.

Valparaíso ist, wenn man irgendwo in einer menschenleeren Seitengasse ein wunderschönes Graffiti entdeckt. Wenn sich der der Gestank der dampfenden Hundekacke auf dem Kopfsteinpflaster mit dem Marihuana-„Dampf“ vom Balkon über dir mischt, umgarnt von einer sanften Meeresbrise. Wenn dazu im Hintergrund noch das Knattern eines uralten Lifts ertönt, welcher Passanten auf einen der unzähligen Hügel der Stadt bringt, dann ist das Bild perfekt…

Valparaíso war unser erster Halt in Chile. Der Erste? Nein, der aufmerksame Blog-Leser weiss natürlich, dass der Torres del Paine Nationalpark, wo wir uns die Füsse wundgelatscht haben, ebenfalls in Chile liegt. Nennen wir es also den ersten Halt beim zweiten Chile-Abstecher.

Nach einer wunderschönen Busfahrt durch die Anden, erwartete uns in Valparaíso perfektes Wetter. Wir genossen die letzten Sonnenstrahlen auf einer herrlichen Dachterrasse mit Aussicht über die Stadt bis hinunter zum Meer (und Bier für Manuel, Gruss an Martin 😉 ).

Auf dem Weg zum Supermarkt wurden wir Zeuge einer etwas skurrilen Szene: Passanten hatten – wie sich am Ende herausstellte – einen Kleinkriminellen überwältigt. Zu Beginn wussten wir jedoch nicht genau was hier vor sich ging, sahen einfach eine wütende Meute, welche einen Jüngling auf den Boden drückten und mit Schnürsenkeln und Gurt fesselten. Irgendwann war uns dann auch klar, dass nun auf die Polizei gewartet wird. Verstörend war am Ganzen die Selbstjustiz: scheinbar zufällig vorbeigehende Passanten traktierten den wehrlos am Boden liegenden Mann mit Tritten – auch gerne mal gegen den Kopf – frei nach dem Motto „wer hat noch nicht, wer will nochmal?“… Für gerade mal 3-4 Stunden in dieser Stadt, waren das ganz schön viele Eindrücke!

Die folgenden drei Tage verbrachten wir – gemeinsam mit Robin, einem weiteren Freund aus unserer Zeit in Buenos Aires – mit Sightseeing, sowie einem Ausflug ins benachbarte Viña del Mar. Da das Wetter deutlich schlechter wurde und wir wieder die dicken Jacken auspacken mussten, war an baden im Pazifik nicht zu denken und auch das Sightseeing machte einfach nicht gleich viel Spass. Ausnahmsweise waren wir, was Valparaíso anbelangt, nicht gleichermassen von der Stadt angetan. Während Manuel die Stadt liebte war es für Patricia ein wenig too much…

Als nächstes stand im „Duell der Städte“ die Hauptstadt Santiago auf dem Programm. Die Berge, welche die Stadt umgeben sorgen einerseits für ein herrliches Panorama; welches andererseits jedoch meist nicht bewundert werden kann, weil ebendiese Berge verhindern, dass die Abgase der Millionenstadt vom Wind weggetragen werden können.

Wir hatten „Glück“, dass es am Tag unserer Ankunft geregnet hat, sodass wir Tags darauf einen schönen, mehr oder weniger smog-freien Tag geniessen konnten. Mit einer „Walking Tour“ erkundeten wir die Innenstadt, mit den zahlreichen altehrwürdigen Gebäuden und Märkten, sowie den Friedhof, der so unfassbar gross ist (über 100 Fussballfelder), dass man sich locker darin verlaufen könnte. Gleiches gilt übrigens auch für die Märkte; an Grösse und Vielfalt nicht zu überbieten! Gestärkt durch eine Meeresfrucht-Platte, direkt vom Fischmarkt packten wir die Gelegenheit – sprich das schöne Wetter – beim Schopf und erklommen den Cerro San Cristobal, welcher einen herrlichen Ausblick auf die Stadt und die umliegenden Berge bietet.

Abends trafen wir uns mit einem deutschen Pärchen, welches wir in El Chaltén kennen gelernt hatten und bereits in Bariloche wieder getroffen haben. Beim gemeinsamen Nachtessen beschlossen wir, ein Auto zu mieten, um die Weinberge um Santiago zu erkunden. Nach einem weiteren Sightseeing-Tag und einem entspannten Weindegustationstag war es dann so weit: Endlich wieder einmal früh aufstehen ;)!

Aber kein Grund zum Jammern, schliesslich standen Ferien vor der Tür. Ja richtig, Ferien vom Reisen. Klingt komisch, iss aber so. Mal wieder den Rucksack ganz auspacken, eine Woche am selben Ort sein, keine Busfahrten, keine Unterkünfte organisieren und vor allem: die zahlreichen Eindrücke ein wenig sacken lassen. Absolut wichtig bei längeren Reisen!

Also weg von der Grossstadt, ab auf die Insel. Genauer gesagt auf die Osterinsel. Obwohl die Insel zu Chile gehört, ist sie rund 5 Flugstunden vom Festland entfernt. Die Osterinsel ist kahler als die meisten polynesischen Inseln, welche wir bis jetzt gesehen haben. Neben den zahlreichen Moais – den in Stein gemeisselten Gesichtern welche so manchen Reisekatalog zieren –, diversen Höhlen und archäologischen Stätten gibt es auf der Osterinsel nur einen einzigen Sandstrand, der ist dafür umso schöner! „Menos playas, mas historia“ wie Lenky, die Vermieterin unserer Cabaña treffend zusammenfasste…

Mit unserer Unterkunft haben wir einen echten Glückstreffer gelandet. Lenky konnte uns nicht nur jede Menge Tipps geben, sie hatte auch immer etwas zu erzählen, was uns die Gelegenheit gab, unsere noch immer bescheidenen Spanischkenntnisse ein wenig anzuwenden… An einem Tag nahm uns sogar ihr Schwiegersohn, Utu, mit zum Fischen. Am ersten Angelplatz mussten wir uns mit zusehen begnügen, da es für uns eindeutig zu gefährlich gewesen wäre, dort zu fischen. Beeindruckend, wie er mit einem von Hand ausgeworfenen Silch Fisch um Fisch rauszog, während dem er sich zwischendurch immer wieder von den heranrollenden Wellensets in Sicherheit bringen musste. Die gefangenen Fische wurden mit einem präzisen Biss getötet (anders als bei früheren Fisch-Erlebnissen in Fiji, wo die Fische einfach an der Luft zappeln gelassen wurden…). An der zweiten Stelle – nach einer kleinen Stärkung in Form von frischen Seeigeln – durften wir dann unser Glück versuchen. Gar nicht so einfach den Haken auszuwerfen, zum Glück gibt es keine Aufnahmen davon :)… Patricia hatte zwischenzeitlich einen richtig dicken Fisch an der Angel resp. Silchfaden, musste jedoch unter grossem Gelächter feststellen, dass sich der Hacken lediglich in Manuels Haaren verfangen hatte, upps! Immerhin drei Minifische waren unsere Ausbeute. Am Abend wurde der Fang auf dem Lagerfeuer zwischen den Cabañas zubereitet. Herrlich.

Die Woche verging wie im Flug, und schon fanden wir uns in Santiago wieder, wo wir nochmals eine Übernachtung geplant hatten. Was wir wussten war, dass unser Zeitplan, bis zum 24. Mai nach Ciudad del Este in Paraguay zu kommen (in der Nähe der Iguazu-Fälle), eher sportlich ist. Was wir nicht wussten, war, dass es in den Anden kräftig geschneit hatte und der Pass nach Argentinien vorübergehend für einige Tage geschlossen war. Ungünstig. Uns blieb also nichts Anderes übrig als eine Nacht länger in Santiago zu bleiben und nach Alternativen zu suchen. Dies gab uns ebenfalls die Gelegenheit versäumtes nachzuholen, namentlich die Aussicht vom höchsten Gebäude Lateinamerikas, dem Sky Costanera (300 Meter). Ansonsten war es vor allem küüühl. Chilly in Chile eben…

Auf der Suche nach Alternativen fanden wir einen günstigen Flug nach Buenos Aires. So kam es gestern zu einem kurzen Wiedersehen mit der Stadt, in der unser Südamerika Abenteuer begonnen hat. Von Buenos Aires nahmen wir heute den Bus, mit welchem wir in angenehmen 17h nach Iguazu gelangten. Bevor wir jedoch eingestiegen sind, machten wir Bekanntschaft mit der hier oft angewandten und zum Glück uns bereits bekannte Methode, die Touristen zu beklauen. Dabei werden die Touris mit Farbe/Sauce bespritzt, worauf sich in der allgemeinen Verunsicherung ein Hilfsbereiter Fremder anbietet, die Farbe wegzumachen. Im schlimmsten Fall ist danach Rucksack oder Portemonnaie (oder beides) weg. Zum Glück waren wir darauf vorbereitet und lehnten die „Hilfe“ dankend ab. Unangenehm war lediglich, dass das Zeug extrem stinkte, sehr praktisch 10 Minuten vor einer 17stündigen Busfahrt!

Am 24. nehmen wir unseren Campervan in Empfang, mit dem wir – wenn weiterhin alles glatt läuft – die nächste Zeit unterwegs sein werden. Wir freuen uns wie kleine Kinder. Etwas fehlt aber noch: Unser fahrbarer Untersatz braucht unbedingt noch einen Namen! Und da kommst du ins Spiel! Ja genau, du! Wir wollen deinen Vorschlag hören! Wir sind jetzt schon gespannt auf deinen Input!

So, das war es mal wieder von uns. Ach ja, noch etwas für die Schadenfreudigen unter euch aus der Reihe Pleiten, Pech und Pannen: Manuel hat seinen eReader im Hostel in Santiago liegen gelassen… Saudoof!

5 Kommentare zu “Chilly in Chile

  1. Erni's

    Hallo ihr Zwei, mir machte es Spass das Neuste von eurem Abenteuer zu lesen, danke. Mein Vorschlag: mb-fritz lg.

  2. Susi

    Ha, da mach ich doch auch mit! Mein vorschlag: Popokatepetel! Mexiko ist zwar nicht ganz südamerika, aber knapp daneben ist auch erreichbar 😉
    Freue mich schon auf den nächsten bericht. Viel spass weiterhin, küsschen von livia. Lg susi.

  3. Gabriel

    Spannend, spannend was ihr erlebt. Viel Spass weiterhin.
    Vorschlag: PaMa-Mobil oder PaMa-Coche

  4. Bippo

    Zaiget mol es föteli vo Euem Charrä. So als asporn für d namensgebig? Gruess bippo

  5. Martin Frei

    Bereits wieder viel erlebt und erst noch Bier getrunken! Wie bereits erwähnt müsste man dieses Vehikel doch zuerst sehen, damit man einen Namen kreieren kann. Trotzdem wie wärs mit dem Namen „Schnurrli“??